Thrombose: Wenn das Blut ins Stocken gerät


Am 13. Oktober ist Welt-Thrombose-Tag. Der Tag wird heuer zum zehnten Mal begangen und will Aufmerksamkeit für das Krankheitsbild Thrombose schaffen. Dies möchten wir als Anlass für einen genaueren Blick auf Thrombosen, die damit verbundenen Risiken und die Bedeutung der Hämostaseologie nehmen.

Thrombose ist nicht gleich Thrombose

Thrombose, d.h. die Bildung eines Blutgerinnsels innerhalb der Blutgefäße, lässt sich in Abhängigkeit des betroffenen Gefäßes unterteilen in arterielle und venöse Thrombosen.
In den Arterien fließt sauerstoffreiches Blut vom Herzen weg in den Körper. Ist der Blutfluss zum Herzen oder zum Gehirn durch eine arterielle Thrombose blockiert, kann dies einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall bedingen. In den Venen fließt hingegen sauerstoffarmes Blut aus anderen Teilen des Körpers zum Herzen.

Besonders häufig bilden sich Thrombosen in Beinvenen – und auch hier wird unterschieden. Die Differenzierung zwischen oberflächlichen und tiefen venösen Thrombosen hat nicht nur anatomische Gründe, die beiden Thrombose-Formen unterscheiden sich insbesondere in ihrem Risiko für eine Embolie. Dabei löst sich der Thrombus und gelangt mit dem Blutfluss in einen anderen Teil des Körpers (z.B. Lunge). Oberflächliche Beinvenenthrombosen gehen i.d.R. auf Krampfadern zurück und lösen häufig eine Entzündungsreaktion aus, die den Thrombus fest am Entzündungsort haften lässt. Eine solche Inflammation fehlt im Fall der tiefen Beinvenenthrombose meist. Hinzu kommt auch die umgebende Beinmuskulatur, die den Blutfluss in Richtung Herz durch Pumpbewegungen (Zusammendrücken der Venen) unterstützt und eine Embolie wahrscheinlicher macht.1

Eine tiefe Beinvenenthrombose ist stets ein Notfall

Die Inzidenz für eine tiefe Beinvenenthrombose liegt zwischen 100 bis 200 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr,2,3 es handelt sich damit um eine vergleichsweise häufige Erkrankung. Die Lungenembolie als gefährliche mögliche Komplikation fordert Hochrechnungen zufolge in Deutschland jedes Jahr 40.000 Menschenleben.4 Eine schnelle Diagnose und ein rascher Therapiebeginn sind daher essentiell, um den Thrombus aufzulösen und eine Embolie zu verhindern. Eine akute Thrombose wird in den meisten Fällen mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt und gilt nach einer Therapiedauer von drei bis sechs Monaten ausgeheilt. Ob und wie lange die Antikoagulans-Therapie darüber hinaus fortgesetzt wird, hängt davon ab, wie das individuelle Thromboserisiko bzw. das Rezidivrisiko einzuschätzen sind. So ist bei Thrombosen mit klarem und transientem Thrombose-Risiko („Trigger“) von einem vielfach geringeren Rezidivrisiko auszugehen als bei spontanen Thrombosen.2

Wie sich das individuelle Risiko einschätzen lässt

Der 13. Oktober ist zu Ehren des Tag des Geburtstages von Rudolf Virchow (1821-1902) gewählt. Er gilt als Begründer der Pathologie und ihm wird auch die Virchow-Triade zugeschrieben, die die drei wesentlichen Thrombose-Faktoren beschreibt. Diese sind: Stase und Veränderungen der Strömungsgeschwindigkeit, Wandveränderung sowie Hyperkoagulabilität. Längere Inaktivität, wie beispielsweise durch krankheitsbedingte Bettruhe, Ruhigstellung einer Gliedmaße nach einer Operation oder auch durch langes Sitzen bei einer Reise, begünstigt einen verlangsamten Blutfluss. Endothel-Veränderungen oder Schädigungen können vielfältige Ursachen haben und umfassen Arteriosklerose, mechanische und toxische Schädigung (z.B. durch Bluthochdruck, oder bestimmte Medikamente) sowie Entzündungen. Hyperkoagulabilität, auch als Thrombophilie bezeichnet, vervollständigt die Virchow-Triade.

Die Hämostaseologie geht Thrombophilien auf den Grund

Die Hämostaseologie, frei übersetzt „die Lehre des still stehenden Blutes“, beschäftigt sich naturgemäß auch mit dem Krankheitsbild der Thrombose. Das individuelle Thromboserisiko zu bestimmen, ist höchst komplex und erfordert das Zusammenspiel aus ausführlicher Anamnese und Familienanamnese, Betrachtung der klinischen Situation des Patienten sowie einer hochspezialisierten Thrombophiliediagnostik. Diese umfasst sowohl Gerinnungsuntersuchungen als auch molekulargenetische Analytik, denn Thrombophilien können eine Vielzahl von Ursachen haben, angeboren oder erworben sein, von kurzer Dauer sein oder lange Jahre fortbestehen.

Neben der fachlichen Expertise zeichnen sich spezialisierte Gerinnungssprechstunden auch dadurch aus, dass sie der anspruchsvollen Präanalytik bei Gerinnungsuntersuchungen gerecht werden. Diese erfordern spezielle Abnahmeröhrchen, kurze Wege (< 2 Stunden) und einen erschütterungsfreien Transport.

Indikation für eine Thrombophiliediagnostik besteht nach Leitlinie für Patienten mit Thrombose-Anamnese, wenn die Kenntnis einer Thrombophilie die Entscheidung für oder wider eine verlängerte Antigoagulans-Therapie beeinflusst oder über die Wahl des geeigneten Agens bzw. Therapie-Algorithmus entscheidet. Weiterhin ist die Thrombophiliediagnostik nach einem Thromboseereignis sinnvoll für junge Patienten sowie für Patienten mit spontanen oder rezidivierten Thrombosen. Indiziert ist die Abschätzung des individuellen Thromboserisikos zudem bei Patienten mit familiärer Thrombose-Anamnese.2

Referenzen:

1 Adam M. Thrombose. Journalmed.de 2022; aufgerufen am 18.09.2023; aufgerufen unter: https://www.journalmed.de/thema/lesen/thrombose

2 AWMF-Leitlinie. Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie. Version 5.5; Stand: 14.02.2023

3 Rabe et al. Venenerkrankungen der Beine. Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 44. 2009; aufgerufen am 18.09.2023; aufgerufen unter: https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/3197/253bKE5YVJxo_25.pdf

4 Cohen AT, Agnelli G, Anderson FA, et al. Venous thromboembolism (VTE) in Europe. The number of VTE events and associated morbidity and mortality. Thromb Haemost. 2007 Oct;98(4):756-64)




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