Labor Becker ist stolz auf eine ganz beson­dere Zahl: Eine Mil­lion.

So viele Neu­ge­bo­rene haben wir bereits gene­tisch auf die neu­ro­mus­ku­läre Erkran­kung spi­nale Mus­kela­tro­phie (SMA) unter­sucht. Labor Becker führt die­sen Test bei Neu­ge­bo­re­nen bereits seit 2018 durch. Wir haben den Test mit­ent­wi­ckelt und im Rah­men eines Pilot­pro­jek­tes eva­lu­iert. Die posi­ti­ven Erfah­run­gen aus der Pilot­phase (Czi­bere et al. 2020) sowie Fort­schritte in der The­ra­pie der SMA haben zu der Ent­schei­dung des gemein­sa­men Bun­desau­schus­ses (G-​BA) bei­getra­gen, den Test in das all­ge­meine Neu­ge­bo­re­nen-​Scree­ning auf­zu­neh­men. Start hier­für war Okto­ber 2021.

Unsere Erfah­run­gen aus sechs Jah­ren SMA-​Scree­ning deu­ten auf eine Häu­fig­keit von etwa 1:8.500 Neu­ge­bo­re­nen hin. Der Erb­gang der Erkran­kung ist auto­so­mal-​rezes­siv. Bei der spi­na­len Mus­kela­tro­phie fehlt Moto­neu­ro­nen des Rücken­marks funk­tio­na­les SMN-​Pro­tein (SMN, Sur­vi­val of Motor Neu­ron). In etwa 96% der Fälle liegt die Ursa­che in einer homo­zy­go­ten Exon-​Dele­tion des Gens SMN1 (Dele­tion der Exons 7 und 8 oder nur des Exons 7).

Der Man­gel an SMN-​Pro­tein führt zur moto­neu­ro­na­len Dege­ne­ra­tion. Man­gels feh­len­der Ansteue­rung der Mus­ku­la­tur kommt es zur Atro­phie. Die Erkran­kung wird in unter­schied­li­che Schwe­re­grade ein­ge­teilt. Die häu­figste Form (50% der Fälle) ist die schwere infan­tile SMA. Unbe­han­delt zei­gen Säug­linge bin­nen der ers­ten Lebens­wo­chen Sym­ptome. Wich­tige Bewe­gungs­ab­läufe (wie z.B. Sit­zen) kön­nen auf­grund von Mus­kel­schwund und -​schwä­che nicht erlernt wer­den. Bei die­ser schwe­ren Form ist auch die Atem­mus­ku­la­tur betrof­fen, sodass die Lebens­er­war­tung ohne The­ra­pie bei unter zwei Jah­ren liegt.

Eine frühe Dia­gnose der Erkran­kung bedeu­tet Hoff­nung, denn seit eini­gen Jah­ren ist SMA ursäch­lich behan­del­bar. Beson­ders wirk­sam ist die The­ra­pie, wenn sie noch vor dem Auf­tre­ten ers­ter Sym­ptome begon­nen wird. Das unter­mau­ert auch eine vor kur­zem erschie­nene Stu­die (Schwartz et al. 2024). Es ist also unab­ding­bar, Neu­ge­bo­rene schon in den ers­ten Lebens­ta­gen auf SMA zu tes­ten. Wir sind froh dazu bei­zu­tra­gen, dass SMA früh erkannt und so ein frü­her The­ra­pie­be­ginn ermög­licht wird.